Steigleder, Johann Ulrich

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Aus: Hermann KELLER, Aufsätze – Reden – Vorträge: 1942 – Johann Ulrich Steigleder. Schwäbische Lebensbilder. (Online-Version). URL [01.03.2023].

Johann Ulrich Steigleder ist der Letzte einer Organisten-Dynastie: Utz Steigleder (?–1581) – Adam Steigleder (1561–1633) – Johann Ulrich Steigleder (1593–1635). Von seinem Vater Adam erlernte Johann Ulrich das Orgelspiel. Einhundert Jahre haben diese drei Generationen in Württemberg gewirkt; der Vater Adam Steigleder ging zweimal – ausgestattet mit einem Stipendium des württembergischen Herzogs – nach Italien (1580–1583), um auf derartigen Instrumenten zu lernen. Das datiert sogar noch vor Hans Leo Hassler (1564–1612, Ausbildung in Italien, Venedig 1584). Im Jahre 1595 wird Adam Steigleder Münsterorganist in Ulm.

Johann Ulrich Steigleder wird bereits mit zwanzig Jahren (1613) Organist in Lindau. Aus den Lindauer Ratsprotokollen geht hervor, daß er »am linggen fuss 1 ein stelzen« trug (Siehe Dedikation der Ricercar Tabulatura, Ulm 1624). Im Januar 1617 ging er an die Stuttgarter Stiftskirche als Organist und wurde auch zur Hofmusik herangezogen. Ebenso bildete er zahlreiche Schüler aus, vermutlich auch Johann Jakob Froberger (*1616 in Stuttgart). Dort verstarb Steigleder 1635 an der Pest.

Seine beiden großen Kompositionswerke sind das Ricercar-Tabulaturbuch von 1624 und das Tabulaturbuch, / Darinnen / Daß Vatter unser auff 2, / 3. und 4. Stimmen componirt, und/ vierezig mal varirt würdt […]. In seiner Dedikation nennt Steigleder das Vater unser das »Gebett aller Gebett vnd Gesang aller Gesäng«.

CB

Es war üblich, ein solches Werk einem wohlhabenden Gönner zu widmen, damit dieser seinen finanziellen Beitrag zum Druck leistete, hier: Schenk Graf zu Limpurg. Der Widmungstext lautet:

»Dem Wolgebornen Herren / Herrn Caroln / Herrn zu Limppurg / deß Hayl. Röm. Reichs Erbschenken und Semperfreyen. Meinem gnädigen Herrn […]«.

Ein Tabulaturbuch mitten im 30-jährigen Krieg in den Druck zu geben ist ein außergewöhnliches Werk. Bereits 1624 hatte er für seine Ricercar Tabulatura, das er dem Herzog Johann Friedrich von Württemberg gewidmet hatte, privates Geld investiert und auf Zuraten guter Freunde drucken lassen. Steigleder schreibt, er habe

»von Geistlich vnd weltlichen Stücken ein zimbliche ahnzahl vffs papÿr gebracht […], als aber bißweÿlen mich gute freundt vmb ettliche Stück angesprochen, dennen ich mittgetailt sein von den jenigen [...], meine Compositiones ahn vilerlaÿ Ort gelangt, [...] deß ich hernach bericht worden, mit weitterm inhalt, alls sollte ich nit underlaßen Studirender Iugent etwas zu gefallen in Truck aufzufertigen«

Das lässt den Schluß zu, dass Steigleder diesen Herren auch seine Komposition der vierzig Variationen über das Luthersche Vater-unser-Lied nahegebracht hat.

Sein Vater Adam Steigleder kannte von seiner Italienzeit genau den Stil der italienischen Toccata. So hat dann der Sohn Johann Ulrich auch in diesem Stil den Abschluss seiner Vater-Unser-Variationen komponiert: Eine Toccata steht gemeinhin am Anfang und er pointiert damit aber das Ende – Alpha et Omega.

Abb.: Johann Ulrich Steigleder, Tabulatur Buch – Daß Vatter unser (1627), Titelblatt. In: Steigleder, Johann Ulrich: Ricercar Tabulatura (1624). Tabulatur Buch Darinnen daß Vatter unser (1627), Vol. 1: Le musiche, a cura di Armando Carideo, Instituto dell ’Organo storico Italiano u. a., Levante, Latina 2008, S. 60.

AD/CB