Mizlersche Societät

Zurück zur Übersicht

Im Jahre 1738 gründete Lorenz Christoph MIZLER [de Kolof] (* 26. Juli 1711 in Heidenheim, Mittelfranken; †8. Mai 1778 in Warschau) die Correspondierende Societät der musicalischen Wissenschaften, die erste musikwissenschaftliche Gesellschaft. Mitbegründer waren Giacomo de Lucchesini (†1739) und Georg Heinrich Bümler (1669–1745). Die von Mizler in den Jahren 1736–1754 herausgegebene die Fachzeitschrift Musikalische Bibliothek fungierte hierzu als Veröffentlichungsorgan. Die Correspondierende Societät war eine Gesellschaft, in der sich die Mitglieder über theologisch-philosophische, mathematische, musikalische Themen austauschten und darüber publizierten. Mizlers Hauptanliegen und Ausgangspunkt galt jedoch einer Synthese von philosophischen und theologischen Gedanken (»recitationes suas mathematicas philosophicas musicas de novo futur« als Anhang zu der philosophischen Schrift De natura syllogismi, Leipzig 1742 – VD18: 15031349-001, Link, [28.02.2023].

Unter den Mitgliedern befanden sich als Nr. 6 (1739) Georg Philipp Telemann (1681–1767), als Nr. 9 (1743) Meinrad Spieß (1683–1761), Ehrenmitglied Georg Friedrich Händel (1685-1759) als Nr. 11 (1745). Im Jahre 1747 traten Johann Sebastian Bach (1685–1750) als Nr. 14 und als Nr.15 Andreas Sorge (1703–1778) ein.

Hinsichtlich Bachs Eintritt in die Correspondierende Societät der musicalischen Wissenschaften schreibt Lutz Felbick Folgendes (ohne zugehörige Fußnoten):

– S. 336 – [Zitat:] In einem Brief an Spieß vom 1.9.1747 berichtete Mizler von diesem Besuch bei seinem ehemaligen Lehrer (1737 ?), »welcher mir seine Berlinische Reise u. Geschicht von der Fuge, die er vor dem König gespielt [Musicalisches Opfer, BWV 1079], erzählt, welche nächstens in Kupfer wird gestochen werden, u. in dem Packet der Soc. ein Exemplar zum Vorschein kommen. Ich habe den Anfang schon davon gesehen «. Mizler hatte schon 1746 angekündigt, dass »nächstens diese Gesellschaft [Sozietät] wieder mit drey ansehnlichen Mitgliedern soll vermehret werden«.

Zweifellos war damit auch Bach als künftiges Mitglied gemeint. Offensichtlich waren Mizlers Kontakte zu dem »künftigen ansehnlichen Mitglied« Bach schon ein Jahr vor dessen offiziellem Beitritt so weit fortgeschritten, dass er davon in dieser Form berichten konnte. Die zeitliche Differenz zwischen dem 1746 gemalten Bach-Porträt Haussmanns [Anm.: Jedes Mitglied hatte auf eigene Kosten der Sozietät ein Portrait zu überlassen] und dem dann für Juni 1747 bezeugten offiziellen Beitritt Bachs anlässlich Mizlers Besuch kann durch das aufwendige Beitrittsprozedere erklärt werden, das wegen der oft langwierigen postalischen Kontakte mehrere – S. 337 – Monate dauern konnte. […]

Aus der Beschreibung von Mizlers Besuch bei Bach geht hervor, dass dieser das Zusammentreffen mit seinem ehemaligen Schüler keinesfalls als lästigen Pflichtbesuch empfand. Die Details der Begegnung lassen eher auf Bachs Interesse schließen, Mizler an seinen derzeitigen Erlebnissen und seiner kompositorischen Arbeit teilhaben zu lassen. So weist der Blick in die noch nicht veröffentlichte Partitur, den Bach dem Gast gewährte, und der Plan, dasWerk in der Sozietät durch die dort umlaufenden Pakete bekannt zu machen, auf einen vertrauensvollen Umgang hin. Bach hätte diese Komposition wohl kaum Personen vorgelegt, die die komplexen kontrapunktischen Zusammenhänge nicht verstanden hätten. Die Quellen enthalten keinen Hinweis auf ein eventuelles Spannungsverhältnis oder ein distanziertes Verhältnis zwischen Bach und Mizler. Sie bestätigen vielmehr die These, das Musicalische Opfer (BWV 1079) könne in einem direkten Zusammenhang zu der Sozietät stehen. […]

– S. 338 – Ein weiteres Detail, das den Briefen entnommen werden kann, betrifft den auf dem Gemälde von Elias Gottlob Haussmann befindlichen Kanon (BWV 1076). In einem Brief an Spieß vom 29.6.1748 berichtete Mizler von Christoph Gottlieb Schröter, der »die Fuge aufgelöst, so H. Bach der Societät gewidmet.« Es war bislang in der Forschung strittig, ob Bach den Rätselkanon der Sozietät tatsächlich gewidmet oder die Komposition lediglich »vorgeleget« hat. […] Mit den hier vorgelegten Dokumenten seien diese Fragen nun endgültig geklärt. Das von der Satzung geforderte Bildnis mit der auf dem Haussmann-Gemälde abgebildeten ›Kreisfuge‹ sei nach dem Zeugnis Mizlers der Sozietät tatsächlich gewidmet. Im Nachlass von Spieß befand sich ein gestochenes Exemplar dieses Kanons, das er vermutlich von Mizler erhalten hatte.

Quellen:

AD