Komplexität und Skalierung
Meine These lautet:
Das Instrument Orgel lässt sich in ihrer äußeren Erscheinung im Wissen um deren grundsätzlichen baulichen Elemente anhand eines Junktims zweier Begriffe zureichend und vom Grundsatz her beschreiben: Komplexität und Skalierung. Davon unterscheidet sich eine prinzipiell andere Frage, nämlich die der Ideengebung als Frage nach dem sinnstiftenden Gebrauch des ›Instrumentum Orgel‹. Im Verständnis der Orgel gelangt man so zu einem Dreischritt aus Komplexität, Skalierung und Sinngebung.
Schritt 1: Unter dem Begriff der Komplexität subsummieren sich sämtliche Arten von Wechselwirkung, die sich in einer Orgel gegenseitig bedingen. Beispiel:
Es bestehen für die Handhabung einer Orgel grundsätzlich Wechselwirkungen wie Organist – Physiognomie und geistig-künstlerische Verfassung – Taste – Tastengang / Druckpunkt vs. Druckpunktlosigkeit – Traktur – Ventil – Wind – Kanäle – Winderzeugung – Windlade – Register – Pfeifen – klingender Raum. Daraus ergeben sich Wechselwirkungen zwischen höchst unterschiedlichen Ebenen wie Mensch, Maschine und Raum. Dabei ist jede einzelne Ebene eine variable Größe. Dasselbe gilt für die jeweilige Ausdifferenzierung dieser Ebenen.
Da kein Mensch dem andern gleich ist, wird jeder auf je eigene Art mit dem Instrument Orgel, das er als jeweils von Ort zu Ort als etwas anderes vorfindet, umgehen. Anhand einer sehr großen Fülle von unterschiedlichsten Einzelaspekten, deren Variabilität sowie den daraus hervorgehenden Wechselverhältnissen definiert sich Orgelspiel und das Instrument Orgel per se als ein jeweiliges Unikat
Bereits hier wird unter pädagogischer Prämisse deutlich, welchen Anforderungen sich dann Orgelausbildung zu stellen hat.
Schritt 2: Der Aspekt der Skalierung gibt nun allem eine Richtung. Ausgangspunkt dessen sind eine Vielzahl von Unterscheidungen. Was im Extrem einen Gegensatz darstellt, geht zunächst aus graduellen Abstufungen hervor. Beispiele hierfür sind: Töne, geteilt in tiefere / höhere; Mensuren, geteilt in weitere und engere; Klänge, geteilt in schärfere und weichere, hellere und dunklere etc.
Schritt 3: Hebt man die Aspekte des Junktims ›Komplexität und Schattierung‹ auf der Ebene der Sinngebung und Sinnstiftung auf eine wahrnehmungspsychologische, philosophische oder theologische Ebene, so führt die Orgel, ausgehend vom Instrumentum als Werkzeug zum ›Symbolum‹ und zur Beispielebene.
Siehe Glossar: Pars major vs. Pars minor; Orgel als Beispielebene.