Grundtönigkeit

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Der Terminus Grundtönigkeit taucht oftmals in Charakterisierungen der deutsch-romantischen und insbesondere der spätromantischen Orgel auf. Man verwendet diesen Terminus, um damit ein vermeintliches Defizit des deutsch-romantischen Orgeltyps zu kennzeichnen, nämlich einen Mangel an Oberton. Ich möchte diesen Terminus aus folgenden Gründen als untauglich zurückweisen.

Der Gebrauch dieses Terminus erweist sich häufig als eine Polemik gegen das Phänomen der romantischen und der spätromantischen Orgel.

Es nehmen die 8′-Farben seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts zu, wie Orgeln von Vest, Mundt oder Schleich in Hermannstadt (Sibiu), Prag oder Amorbach belegen, doch niemand würde in diesen Instrumenten den Terminus der Grundtönigkeit als angemessen erachten.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts setzen sich die sog. Unterscheidlichen immer mehr durch und mit ihm auch deren Mischungen. Agricola spricht in diesem Zusammenhang von der fremden Wirkung und setzt dieses neue Klangverständnis gegen das, wie es »die Alten« meinten. Auch hier würde niemand den Terminus der Grundtönigkeit für angebracht halten.

Innerhalb der Gruppe der sog. Unterscheidlichen gibt es bauartbedingt dunklere und hellere Klangfarben, wobei die offene Flöte aus Holz die dunkelste und die Viola di Gamba die hellste und schärfste ist. Da man hier – und insbesondere aufgrund der weiteren Entwicklungen – auf Ideen der Skalierung trifft, ist nur der eine Rand der Skala grundtonbetont, nämlich die Flöte, alles andere bedeutet eine Skalierung im Zuwachs von Obertönigkeit.

Grundtönigkeit vermag allenfalls zu charakterisieren, was auf ein Unvermögen der Intonation zurückgeht, nämlich die Reduktion von Teiltönen durch zu weite Aufschnitte oder zu vielen Kernstichen bei Principalen und Ähnliches.

Weiterhin behalten Mixturen in vielen Orgeln bis hin zur Spätromantik Helligkeit und Strahlkraft, wobei sich einzelne Orgelbauer hier voneinander unterscheiden und manche eher ein dunkleres Plenum, andere hingegen das klassische helle Plenum präferieren.

CB