KI Professur

Professur Orgelkunst-Kreativitätskonzepte-KI

Prof. Dr. Hannes Ritschel

Musikalische Laufbahn

Hannes Ritschel erhielt seinen ersten Klavierunterricht mit knapp fünf Jahren. Die Begeisterung für die Orgel kristallisierte sich mit etwa zwölf Jahren heraus. Fasziniert von der Größe, dem Klangfarbenreichtum und der mechanisch-technischen, aber auch spieltechnischen Komplexität wurde daraus schnell eine wahre Leidenschaft. 2010 schloss Hannes Ritschel die Ausbildung zum C-Kirchenmusiker ab. Neben Preisen auf Regional-, Landes- und Bundesebene des Wettbewerbs »Jugend musiziert« erhielt er 2012 den Kulturpreis des Landkreises Oberallgäu.

Neben dem Konzertieren mit Orgelmusik ab dem 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart gerieten in den letzten Jahren auch Werke für Orgel und Percussion und Orgeltranskriptionen in seinen Fokus. Der Reiz, die Originalkompositionen auf der Orgel neu zu interpretieren, motivierte ihn auch dazu, selbst zahlreiche Transkriptionen von Musik aus Videospielen anzufertigen. Darüber hinaus war er Solist in Beethovens erstem und fünften Klavierkonzert sowie dem ersten Klavierkonzert von Carl Maria von Weber. Als Mitglied im Extrachor des Staatstheaters Augsburg wirkte er auch in den Opern »Lohengrin« von Richard Wagner, »Lady Macbeth von Mzensk« von Dimitri Schostakowitsch und »Peter Grimes« von Benjamin Britten mit.

Wissenschaftliche Laufbahn

Hannes Ritschel studierte Informatik an der Universität Augsburg. Sein Interesse galt dabei auch multimedialen Inhalten, darunter 3D-Grafik, Animation und der Entwicklung von Videospielen. So realisierte er beispielsweise im Rahmen seiner Bachelorarbeit eine Software, die MIDI-Daten filtert und daraus automatisiert 3D-Animationen passend zur Musik erstellt.

Nach dem Studium erfolgte die Promotion (summa cum laude) am Lehrstuhl für »Menschzentrierte Künstliche Intelligenz« unter Leitung von Prof. Dr. Elisabeth André. Dabei befasste er sich mit maschinellem Lernen und sozialen Robotern, deren Fokus auf natürlicher Interaktion mit dem Menschen besteht. Er forschte, wie sich unter Zuhilfenahme des »Bestärkenden Lernens« (eine Kategorie maschineller Lernverfahren) und menschlichem Feedback die Kommunikation eines solchen Roboters automatisiert an die Präferenzen individueller Nutzer anpassen lässt.

Während seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter betreute er auch Abschlussarbeiten, die sich mit maschineller Musikkomposition befassten. Zu seinem universitären Lehrangebot gehören Vorlesungen mit Übungen sowie ein Praktikum zum »Bestärkenden Lernen«. Aber auch interaktive und künstlerische Inhalte sind Teil seines Lehrangebots, darunter Vorlesungen mit Übungen zu 3D-Computergrafik und Audio für interaktive Echtzeitanwendungen, wie etwa Simulationen und Videospiele.

Professur

Im Oktober 2023 wurde Hannes Ritschel auf die zunächst auf vier Jahre befristete Professur für »Orgelkunst, Kreativitätskonzepte, Künstliche Intelligenz« an die Hochschule für Musik Würzburg berufen. Dort adressiert er in Lehre und Forschung kreative Prozesse im musikalischen Kontext, leitet ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS), entwickelt innovative Bedienkonzepte für die Hyper-Orgel und setzt diese um.

Hannes Ritschel bringt neben musikalischem Wissen auch seine Expertise aus der Informatik, dem maschinellem Lernen, der Mensch-Maschine-Interaktion und Multimedia und damit eine interdisziplinäre Sicht in sein Lehren und Forschen ein. Sein Wirken umfasst neue musikalisch-kreative Anreize, neue Musik- und Konzertformate und das Weiterdenken des Instruments Orgel im digitalen Zeitalter.

Kreativität, Ko-Kreativität und das Publikum

Eine zentrale Frage von Hannes Ritschel ist, wie Künstliche Intelligenz und digitale Technik in das Musizieren integriert werden können, um die Kreativität der Musizierenden zu unterstützen und zu fördern. Neben solistischem Spiel und der Kreativität des Individuums ist auch Ko-Kreativität von hoher Relevanz, welche beim gemeinsamen Musizieren mit anderen Musizierenden oder der Maschine (»Mensch-Computer-Ko-Kreativität«) auftritt.

Bei der Erweiterung des Musikspiels um technische Hilfsmittel stellen sich automatisch interdisziplinäre Fragen. Neben der Gestaltung der Interaktion mit der Maschine ist ebenso wichtig, wie ko-kreative Prozesse die Wahrnehmung durch Musizierende und das Publikum beeinflussen und welche neuen künstlerischen Möglichkeiten sich dadurch auftun. Auch eine aktive Einbindung des Publikums in den musikalischen Prozess wird ermöglicht.

Der Spieltisch als Zentrale

Durch ihre technische Natur ist die Orgel prädestiniert für die Integration und Exploration digitaler Hilfsmittel, wobei deren Bedienung während des Musizierens am Spieltisch zusammenläuft. Hannes Ritschel adressiert deshalb, wie neue digitale Systeme am Spieltisch während des Spiels möglichst intuitiv bedient werden können und wie eine Kommunikation zwischen Musizierenden und Publikum in ko-kreativen Prozessen integriert und gestaltet werden kann.

Moderne, große Orgelanlagen wie die Hyper-Orgel der Hochschule für Musik Würzburg stellen digitale Schnittstellen (MIDI, Open Sound Control) bereit, die das Ein- und Ausleiten von Daten in Echtzeit erlauben. Über diese Schnittstellen und das Programmieren eigener Software können neue Ideen umgesetzt werden, die über das vom bestehenden Spieltisch angebotene haptische Interface hinausgehen. Von zentraler Bedeutung ist für Hannes Ritschel deshalb auch die funktionelle Gestaltung neuer und individueller Spielhilfen. Die Musizierenden werden dabei ermächtigt, über bestehende Mechanismen wie Intervallkoppeln und Looper hinaus eigene musikalisch-klangliche wie auch spieltechnische Ideen zu realisieren. In diesem Zusammenhang ist auch der Einsatz generativer künstlicher Intelligenzen von Bedeutung, ebenso wie das semi-automatisierte Spiel und die Erweiterung um elektronische Klänge und Instrumente, wie etwa Synthesizer.

Damit bietet die interdisziplinäre Expertise der Professur gemeinsam mit der Ende 2023 fertiggestellten Hyper-Orgel der Hochschule für Musik Würzburg eine innovative Erweiterung des bestehenden Lehrangebots und ermöglicht zukunftsweisende Forschungsvorhaben für die Weiterentwicklung und Untersuchung des Spiels und der Interaktion mit dem Instrument Orgel.

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