2016/2024 – Würzburg

17.08.2024

Eine erste, knappe Begegnung mit der klanglichen Vielfalt der Klais-Orgel 2016/2024 im Konzertsaal der Hochschule für Musik Würzburg

Die Klais-Orgel 2016/2024 im Konzertsaal der Hochschule für Musik Würzburg

Erbauer: Orgelbau Klais Bonn
Intonation 2016/2024: Andreas Saage
Technische Planung 2016: Hans Reuschel
Konzeption/Disposition 2016/2024: Christoph Bossert

Die Disposition der Klais-Orgel 2016/2024 in der HfM Würzburg ist online

Die Klais-Orgel 2016/2024 im Konzertsaal der Hochschule für Musik Würzburg

Seit 1997 begleitet mich das Wort »… Als sei Klang ein Wesen …«.

Wenn Orgelklänge berühren, so stehen doch dahinter viele nüchterne Prozesse, Zahlen und Fakten. 1997 habe ich auch den Begriff »Orgel als Geschichtetes« gewählt, um damit zu beschreiben, wie Orgeln in geschichtlichen Prozessen gleichsam gewachsen sind. Das Phänomen der europäischen Orgelgeschichte lässt mich von »Drei Klangsäulen in Europa« sprechen und je nachdem, wo und an welchem geschichtlichen Ort man sich in Europa befindet, geht es in Italien bis weit in das 19. Jahrhundert hinein um die erste Klangsäule als Principalorgel oder in Spanien, Frankreich oder sogar in Norddeutschland um die zweite Klangsäule, nämlich die Aliquot- und Zungenbetonte Orgel oder in Süd- und Mitteldeutschland sowie im Raum der Länder der ehemaligen K.-u.-k.-Monarchie ab ca. 1670 um den Grundlabialstil und Terzmixturen als dritte Klangsäule.

Nur wenige historische Orgeln tragen all dies in sich, doch es gibt sie:

Naumburg, Hildebrandt 1746
Neresheim, Holzhey 1797
Walcker, Frankfurter Paulskirche 1833
Giengen/Brenz, Gebr. Link 1906

Reformideen aus dem Elsass und aus Norddeutschland oder Gedanken um die Orgel der Zukunft prägen das 20. Jahrhundert. Eine europäische Orgel, wie sie sich mir in Naumburg, Neresheim, Frankfurt oder Giengen formuliert, ist im 20. Jahrhundert in meinen Augen zunehmend aus dem Blick geraten. Würzburg, Klais 2026/2024 knüpft bewusst an die europäische Orgel an, doch anhand ihrer Konstruktion aus mechanischer Kegellade, Elektrik und Proportionalmagneten hat sie 2016 weltweit erstmals ein neues Kapitel der Orgelbaugeschichte eröffnet. Dank der zunächst 9-stufigen Verfügbarkeit des Kegelhubs, der nun 2024 stufenlos abrufbar ist, und Dank der Aliquoten in Flöten-, Principal- und Streichermensur sowie der nun drei verschiedenen Spiegelachsen der Inverskoppeln (es′ / e′ – f′ / fis′ – b′ / h′) ist ein Übertritt von traditionellen zu Bachischen zu zeitgenössischen Prinzipien des Klangdenkens umfassend geleistet und verfügbar.

Derzeit werden Computersteuerungen für zusätzliche Einflussnahme auf den Spieltisch hinsichtlich Tasten- und Registersteuerung entwickelt und erprobt. Umfangreiche Dokumentationen unter Berücksichtigung der Ausbaustufe II werden ab jetzt produziert und im Netz zur Verfügung gestellt. Der Festakt zur Orgeleinweihung sowie zahlreiche Konzerte und ein Symposium werden vom 8. Bis 10. Mai 2025 stattfinden.

Christoph Bossert, 30. Juni 2024